Im April 1987 wurde der eingetragene, gemeinnützige Verein "Kulturfabrik Salzmann" von einer Gruppe junger Musiker, Maler und Schauspieler gegründet. Den AktivistInnen ging und geht es um die Schaffung eines Forums für Kultur und Kunst, als sinnvolle Nutzung des Fabrikgeländes Salzmann im Kasseler Osten. Nach jahrzehntelanger erfolgreicher Kulturarbeit musste die Kulturfabrik im Jahr 2012 das Denkmal geschützte Gebäude verlassen, da der damalige Besitzer des Areals große Pläne hatte... Die Diskussion um einen Wiedereinzug der Kulturfabrik in die Salzmann-Anlage bleibt spannend und steht für die schwierige räumliche Situation vieler Kulturinitiativen! Oliver Leuer stellt sich als Geschäftsführer der Kulturfabrik unseren Fragen.
Hallo Oliver. Das Thema "Salzmann" ist ja ein jahrelanges Dauerthema und zuletzt schien es, als sei das Thema erledigt. Nun aber findet die Aktion "Rettet Salzmann" eine breite Öffentlichkeit und Unterstützung. Worum geht es genau?
Nachdem die Pläne für ein technisches Rathaus und Dienstleistungszentrum durch die Vertragskündigung des Salzmanneigners gescheitert sind, ist eine gewisse Zeit lang nichts passiert, was unseren baldigen Wiedereinzug absehbar gemacht hätte. So haben wir die Initiative ergriffen: Im Herbst des vergangenen Jahres hat unser Verein die Einladung zu einem ersten Salzmann-Forum beschlossen. Wir haben vor dem Rathaus demonstriert, laden Vertreter von "guten" oder besseren Beispielen im Umgang mit Industriearchitektur zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit in die Stadt ein - die nächste Veranstaltung dazu findet am 1. Juli im Evangelischen Forum, Lutherplatz, statt. Jana Reichenbach-Behnisch, Dipl. Ing. Architektin aus Leipzig, spricht über "Niedrigschwellige Sanierung von Industriebauten für die Kreativwirtschaft". Wir sammeln Unterschriften. Unsere Petition haben schon 2500 Menschen unterschrieben, und wir führen Gespräche mit Magistrat, Stadtverordneten, Vertretern aus Verwaltung und Kulturwirtschaftsförderung und dem Eigentümer der Fabrik. Es gibt eine Veranstaltungsreihe mit Solidaritätskonzerten, das erste am 12. Juli in der Unterführung vor dem Kasseler Unigelände am Holländischen Platz. Weitere Ideen und Aktionen sind möglich. Ein drittes großes Salzmann-Forum wird am 16. Juli veranstaltet.
Wer engagiert sich? Und warum?
Ziel ist die Sicherung des Gebäudes vor dem Verfall und die kulturelle Nutzung. Dazu planen wir nun ein vielfältiges Aktionsprogramm mit Veranstaltungen aller Art. Große Unterstützung erhalten wir durch die Kasseler Stadtgesellschaft, Schüler, Studenten, Stadtplanerinnen und Stadtplaner, Architektinnen und Architekten, Kulturkapitäne, Feiermäuse, Musikarbeiterinnen und -arbeiter, Dichterinnen und Dichter, Denkerinnen und Denker, Bauarbeiter, Gartendesigner und Transitiontowner. Bei den beiden ersten Salzmann-Foren - im November 2013 und im Februar 2014 - haben etwa 100 Personen eine lange Liste von Ideen erstellt. All das ist auf der Internetseite www.rettetsalzmann.wordpress.com dokumentiert. Wir erwarten nun eine Vereinbarung mit dem Eigentümer über die kostenfreie Nutzung von relevanten Bereichen in der Fabrik, um von dort aus eine sinnvolle Nutzung, auch als Kulturzentrum, als Freiraum, Forum oder wie es unser Oberbürgermeister nennt, "Salzmannwatch", zu realisieren.
Wegen der Verdrängung aus den Salzmann-Gebäuden seid ihr als Kulturfabrik Salzmann derzeit im "Exil", im Industriekomplex Panoptikum - ebenfalls in Bettenhausen. Wie geht es euch dort und welche Veranstaltungen stehen in nächster Zeit an?
Wir freuen uns auf die JUNGE KUNST BÜHNE beim Stadtfest 2014 - einem Kooperationsprojekt mit der Kinder- und Jugendförderung der Stadt Kassel, das nächste Trashfilm-Festival und das Brass-Festival im Juli und das Free-Flow-Festival im September. Die Poetry Slam-Reihe geht ab August monatlich weiter. Es gibt alle zwei Monate Jam-Sessions und weitere Exilkonzerte, eine Veranstaltungsreihe mit lokalen Bands. In der Reihe Theater des Ostens findet Ende Oktober die alljährliche Theaterpräsentation im Rahmen des Internationalen Kulturaustauschs Kassel / Poznań (Posen, Polen) statt. Bis Ende des Jahres bieten wir alle zwei Monate Musikworkshops für Didgeridoo und afrikanisches Trommeln an ... Alles nachzulesen auf unserer Programmseite unter www.kulturfabrik-kassel.de.
Warum wollt ihr zurück oder auch andere Kulturnutzer in die Salzmann-Anlage?
Weil wir die Fabrik lieben wie die Sonne, weil sie für kulturelle Nutzungen - oder was wir darunter verstehen - höchst geeignet ist. Die Fabrik ist unsere Heimat und sie wird auch die nächsten Generationen in Ihren Bann ziehen. Wir müssen zurück, und wir müssen es möglich machen.
In welcher Form können Interessierte euch als Kulturfabrik unterstützen? Wie die Initiative "Rettet Salzmann"?
Wir fordern dazu auf, sich über die Webseiten www.rettetsalzmann.wordpress.com und www.kulturfabrik-kassel.de und gern auch live oder per Telefon zu informieren, zu unterschreiben, sich einzubringen und unsere Anliegen weiterzutragen. Wir sind solidarisch und erhoffen uns das auch von anderen. Bisher haben wir sehr positive Reaktionen und viel Unterstützung erhalten. Dafür danken wir allen Unterstützerinnen und Unterstützern. Es wird einen langen Atem brauchen, aber wir holen immer wieder Luft und sind auf dem Weg. Wir freuen uns über den regen Besuch unserer Veranstaltungen und die Nutzung unserer kulturellen "Anstiftungen". Das ist die Bestätigung für unsere Arbeit und das Produkt unserer Kulturfabrik!
Oliver, vielen Dank für das Gespräch und alles Gute!